Medikamente bei Typ 1 Diabetes

Allgemeine Fragen und Gespräche rund um Diabetes
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Laruwi

Medikamente bei Typ 1 Diabetes

Beitrag von Laruwi »

Liebes Forum. Gestern wurde auf 3SAT wieder einmal eine interessante Sendung ausgestrahlt: «Im Land der Lügen». Hier wurde dargestellt, wie mit Statistiken die Gesundheit beeinflusst werden kann. Vor allem wurden die Blutzuckerwerte der Typ 2 Diabetiker angesprochen. Dieser wurde im Lauf der Jahre immer wieder gesenkt. Auf ARTE sah ich letzten Herbst die Sendung «Cholesterin - der grosse Bluff». Auch hier wurde der Grenzwert des Cholesterins schonungslos aufgedeckt. Dasselbe gilt für den Blutdruck. Die Blutdruckwerte wurden im Laufe der Jahre ebenfalls ständig gesenkt. Somit «generiert» die Pharmaindustrie Millionen von neuen «Patienten» und machen Milliardengewinne.
Ich bin seit über 30 Jahren Typ 1 Diabetiker und habe immer einen HbA1c von 5,5 bis 6,0 mmol. Ich bin 67 Jahre alt. Ich treibe viel Sport und ernähre mich ausgewogen. Ich verwende die Insuline Novo Rapid und Lantus. Von Diabetologen und Hausärzten wurden mir seit Jahren Medis für Blutdruck (Losartan), Cholesterin (Atorvastatine) und Aspirin Cardio verschrieben. Letztes Jahr habe ich das Blutdruckmedi von mir aus abgesetzt. Der Blutdruckwert war auch nach Absetzung nie zu hoch, also nie über 140/80 SYS/DIA mmHg. Mein Hausarzt hat mir abgeraten Losartan abzusetzen, da es einen Wirkstoff enthält der gut für die Nieren sei... Mir ist klar, dass ich als Typ 1 Diabetiker einem erhöhten Risiko ausgesetzt bin (Spätfolgen). Wenn meine Blutdruckwerte ohne Medi gut sind und auch das Cholesterin ohne Medi im grünen Bereich ist, warum müssen Medis mit Nebenwirkungen eingenommen werden? Ich möchte diese Frage mal ins Diabetes-Forum stellen und erfahren was unabhängige Leidensgenossen darüber denken! Besten Dank.
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hut
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Re: Medikamente bei Typ 1 Diabetes

Beitrag von hut »

Ich bin der Überzeugung, dass medizinische Studien nicht primär das Ziel verfolgen, den Umsatz der pharmazeutischen Industrie zu optimieren. Ich gehe davon aus, dass es nicht unrichtig war, die BZ-Werte der Typ 2 Diabetiker zu reduzieren. Die verfolgt das Ziel, Folgeschäden zu vermeiden.
Auch die Tatsache, dass bei Diabetesbetroffenen die Blutgefässe ein erhöhtes Risiko für Gefässschäden aufweisen, ist ein ernstzunehmendes Thema. Dass dazu Cholesterinsenken eingesetzt werden, erachte ich als sinnvoll.
Dass den Blutdruckwerten eine höhere Beachtung geschenkt wird, hängt damit zusammen, dass der Grenzwert für Nierenschäden tiefer liegt, als lange Zeit angenommen wurde. Galt früher ein systolischer Idealwert von 100mmHG+Lebensalter, ist dies aufgrund medizinischer Studien heute eindeutig unrichtig, Bei systolischen Werten über 140mmHG ist das Risiko für Nierenschäden offensichtlich wesentlich erhöht.
Dass jedoch Cholesterin- und Blutdrucksenkende Präparate prophylaktisch verordnet werden, macht aus meiner Sicht keinen grossen Sinn. Bei Menschen mit einem Blutdruck im Zielbereich, besteht aus meiner Sicht kein Grund, Blutdrucksenker anzuwenden. Das Gleiche gilt für mich für Cholesterinsenkende Medikamente.
Wer einen Tippfehler findet, darf ihn behalten, ich besitze noch einen genügenden Vorrat davon!
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Peter(TOO)

Re: Medikamente bei Typ 1 Diabetes

Beitrag von Peter(TOO) »

Laruwi hat geschrieben: Hier wurde dargestellt, wie mit Statistiken die Gesundheit beeinflusst werden kann. Vor allem wurden die Blutzuckerwerte der Typ 2 Diabetiker angesprochen. Dieser wurde im Lauf der Jahre immer wieder gesenkt.
Das stimmt so nicht!

Die Werte für den HbA1c wurden in den letzten Jahren an das Alter angepasst.
Bei einem 20-Jährigen Patienten spielt es eine grosse Rolle, welche Folgeschäden er in 30 Jahren haben wird, dann ist er gerade mal 50, in diesem Bereich wurden die Vorgaben gesenkt. Mit 60 sind Folgeschäden in 30 Jahren eher irrelevant, dazu müsste man erst einmal 90 werden, weshalb die Werte hier angehoben wurden. Die statistische Lebenserwartung liegt um die 80 Jahre, für Diabetiker eher etwas darunter.

Mit um die 60 ist aktuell ein HbA1c von 7-8% erlaubt.
Bei den ganz Alten verzichtet man heute oft auf eine Behandlung von Diabetes, Folgeschäden werden sie gar nicht mehr erleben und mit 80 noch die ganze Ernährung umstellen macht nicht wirklich einen Sinn, zumindest was Aufwand und Nutzen betrifft.

Grundsätzlich geht es auch darum wie subjektiv die Lebensqualität eingeschätzt wird.
Heute ist die Empfehlung, zumindest in CH, dass man mit dem Arzt einen Zielwert für den HbA1c ausmacht. Ein niedriger HbA1c wird oft mit vermehrter Unterzuckerung erkauft, was wiederum auch die Lebenserwartung verkürzt, ist also gar nicht erwünscht.
Es kann belastend sein, wenn man um jede Konditorei einen Bogen machen muss um zu widerstehen und Schwarzbrot liegt auch nicht jedem. Das Ganze kann in Dauerstress ausarten, was auch auf die Gesundheit schlägt!

Jeder soll und muss selbst entscheiden, was ihm ein Jahr länger zu leben Wert ist.
Dies ist aber nur möglich wenn man aufgeklärt ist und sich auch dauernd über das Thema informiert!

Neben dem Internet gibt es dazu auch Foren wie dieses hier, welche auch Aufklärung betreiben.

Grundsätzlich braucht es auch eine vernünftige Einstellung zur Medizin.
Die Medizin muss man vor allem als Risiko-Management betrachten. Bei einem akuten Blinddarm hat man ein bestimmtes Risiko, wenn man nichts macht, die OP hat aber auch Risiken. Beim Blinddarm ist es einfach, da hat die OP ein wesentlich kleinere Risiko.

Gerade als Diabetiker, weiss man eigentlich, dass man bei dieser Krankheit die Verantwortung selber übernehmen muss. Es funktionier nun mal nicht richtig, wenn man das Insulin nach starren Vorgaben spritzt. Da muss man immer entsprechend der Tagesverfassung und dem Essen die Dosis anpassen. Der Arzt kann nur dabei helfen und evtl. Fehler erkennen. Ein zu hoher morgendlicher BZ kann auch durch eine zu hohe Dosis an Insulin liegen. Man ist dann im Schlaf unterzuckert und die Leber fabriziert dann Zucker, sodass der morgendliche Wert viel zu hoch ist. Diesen Mechanismus muss man aber kennen um richtig reagieren zu können!
Laruwi

Re: Medikamente bei Typ 1 Diabetes

Beitrag von Laruwi »

Besten Dank für die Feedbacks. Dass medizinische Studien nicht primär der Pharmaindustrie dienen, darüber kann man diskutieren. Eine objektive Meinung darüber zu fassen ist für Laien und Betroffene eh schwierig! Bei komplexeren Fällen ist es für Diabetiker sowieso von Vorteil mit Diabetologen darüber zu sprechen. Allgemeinmediziner wie Hausärzte sind diesbezüglich eventuell nicht die richtigen Ansprechpartner. Tiefe HbA1c-Werte haben tatsächlich den Nachteil, vermehrte Hypos zu provozieren, was ja auch nicht erwünscht ist. Und ich bin mit den Autoren einig, dass die Grenzwerte von Blutzucker sehr individuell und altersabhängig sind. Von 1000 Diabetikern gibt es 1000 verschiedene Varianten. Nicht nur die Ernährung und die Lebensweise haben Einfluss auf die Therapie. Auch Stimmungen, Wetter und eigenes Befinden beeinflussen den Diabetes! Das habe ich bei mir schon öfters festgestellt. In den letzten Jahren sind aber immer mehr Stimmen laut geworden, die die gesenkten Bluthochdruckwerte und die Cholesterinwerte anzweifeln. Es ist nun mal eine Tatsache, dass solche Korrekturen Milliarden in die Pharmakonzerne spülen. Ob da wirklich das Wohl der Patienten dahintersteckt, bezweifle ich nach wie vor. Das ist meine persönliche Meinung und kann wie gesagt diskutiert werden. «hut» hat es angedeutet: Prophylaktisch diese Medis zu konsumieren kann man wirklich hinterfragen. Und psychologisch ist es erklärbar: Wenn ein Mediziner die Gefahren eines Herzinfarktes oder sonstige Probleme anspricht, ist man als Patient schnell verunsichert und hinterfragt die Einnahme der Medis nicht mehr. Deshalb wende ich mich auch an das Forum, weil mich interessiert was andere Diabetiker für Erfahrungen gemacht haben.
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