Bewusstlos während dem Schlafen?

Erzähle uns Deine Erlebnisse, Wie gehst Du mit deinem Diabetes um. Mein Kind, Partner, jemand aus meiner Familie, Bekanntenkreis hat Diabetes. Was nun?
Simona

Bewusstlos während dem Schlafen?

Beitrag von Simona »

Grüezi metenand

Nun ist es also passiert. Das, was ich niemals hätte erleben wollen, aber im Zusammenhang mit dem Diabetes vermutlich nicht aufzuhalten ist.

Mein Mann, Typ 1-Diabetiker seit er 31 Jahre jung ist, wurde während der Nacht aufgrund eines Hypo's, bewusstlos. D.h., und darauf will ich eigentlich hinaus, lag ich glücklicherweise wach und habe ihn rechtzeitig geweckt, sodass er bewusstlos wurde, als ich danebenstand. Am Ende hatte er einen Wert von 2.3 und irgendwie habe ich es geschafft, dass er immer wieder erwachte und trotz seines enormen Widerstandes, am Ende Cola und Orangensaft zu sich nahm. 144 war aufgeboten und kam noch zur Überwachung.

Und jetzt frage ich mich, was wäre passiert, wäre ich nicht sowieso wach gewesen? Hätte er im Schlaf ins Koma fallen können? Es geht mir nicht grundsätzlich um die was/wäre/wenn-Frage, das macht keinen Sinn, jedoch frage ich mich das einfach grundsätzlich, was genau im Schlaf passieren kann?

Ich danke euch
Simona
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Herr_Koch
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Re: Bewusstlos während dem Schlafen?

Beitrag von Herr_Koch »

Ohne Gewähr würde ich behaupten, solange bei deinem Mann die Leberspeicher nicht leer waren, er keine grössere Menge Alkohol getrunken hat und ansonsten, abgesehen vom Diabetes, gesund ist, hätte da nicht viel passieren können. Der Körper kann bei einer starken Unterzuckerung gegenregulieren und aus der Leber Zucker ausschütten.

Habt ihr eine Glucagon-Spritze daheim? Damit könntest du deinem Mann bei einem nächsten Mal (das ich euch nicht wünsche, aber man weiss ja nie) schneller helfen, besonders wenn er bewusstlos sein könnte und keine KH oral aufnehmen kann.
Simona

Re: Bewusstlos während dem Schlafen?

Beitrag von Simona »

Merci!

Ich weiss nicht, wie viel Alkohol er getrunken hat, aber da Mal wieder Fasnacht war, schätze ich, da war einiges im Spiel. Eine klare Antwort darauf gab er mir nicht, er schämt sich zu sehr für das, was passiert ist. Er hatte ja auch schon Hypo's in der Nacht und ist davon erwacht, aber eben, das war im nüchternen Zustand. Deswegen tippe ich auch darauf, dass in diesem Fall die Leber nicht mehr mit gearbeitet hat. Und das ist beängstigend und schockierend zugleich. Ich wanke noch zwischen Wut und Danbarkeit, es ist ein hin- und her der Gefühle.

Wir haben eine Spritze im Kühlschrank, ja. Diese ist jedoch abgelaufen einerseits (eine Neue folgt!), aber anderseits hat sich mein Mann körperlich gegen so ziemlich alles gewehrt, und ich musste gleichzeitig schauen, dass er weder mich, noch unser Kind verletzt. Es spielte sich alles in wenigen Minuten ab, fühlte sich an wie Stunden und ja, ich frage mich natürlich auch, was hätte ich anders machen können. Aber am Ende glaube ich, dass ich alles richtig gemacht habe, denn er ist wieder fit und hat keinen körperlichen Schaden davon getragen.

Den seelischen Schaden müssen wir wohl oder übel noch etwas verdauen und da hilft vermutlich einfach nur die Zeit.

Danke
Simona
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Herr_Koch
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Re: Bewusstlos während dem Schlafen?

Beitrag von Herr_Koch »

Ah, ok. Gut, die Spritze nützt natürlich nichts, wenn Alkohol im Spiel war. Er sollte vielleicht daran denken, in solchen Fällen lieber noch etwas zu essen vor dem Schlafen und mit einem zu hohen Wert ins Bett zu gehn.

Ich denke, du hast gemacht, was du machen konntest. Am Ende ist er primär für sich verantwortlich und sollte entsprechende Massnahmen ergreifen, damit sowas nicht mehr passiert. Vielleicht hat das Erlebnis das für ihn deutlich gemacht. Mal einen über den Durst trinken ist kein Problem, ein Problem ist aber, wenn man sich nicht entsprechend verhält, damit sowas, wie du beschreibst, eben nicht passiert.

Willkommen im Forum, übrigens. ;)
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Petra
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Re: Bewusstlos während dem Schlafen?

Beitrag von Petra »

Liebe Simona
Herzlich willkommen im diabetesclub!

Es tut mir leid, was euch passiert ist.

Ich denke, Herr Koch hat recht. Normalerweise reichen die Zuckerreserven in der Leber, um einen Menschen wieder aus dem Hypo zu holen. Unter Alkoholeinfluss sieht es anders aus, aber da kenne ich mich zuwenig damit aus und ich möchte nicht einfach irgendwas behaupten.

Jeder Mensch reagiert anders. Ich merke ein Hypo von 2,3 noch selber und wache auf. Das ist bei deinem Mann "im Normalfall" vermutlich auch so?

Das mit dem Wehren ist bekannt: Unterzuckerte Diabetes Betroffene wehren sich manchmal sehr heftig und weigern sich, die angebotene Hilfe/ KH's, in welcher Form auch immer, anzunehmen. Das Gehirn reagiert leider alles andere als "normal" in dieser Situation. :? Da macht es auch keinen Spass, jemandem gegen seinen Willen eine Glukagonspritze ins Bein zu jagen. Trotzdem ist es sicher gut, immer so eine Spritze im Haus zu haben, für den allergrössten Notfall.

Wie auch immer die wissenschaftliche Betrachtung aussieht: Für die Betroffenen ist die Situation einfach furchtbar. Ich kann mir vorstellen, welche Ängste du ausgestanden hast in dem Moment. Darum wünsche ich euch, dass euch das nie mehr passiert.

Herzliche Grüsse,
Petra
Solange Menschen nicht denken, dass Tiere fühlen, müssen Tiere fühlen, dass Menschen nicht denken.
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Re: Bewusstlos während dem Schlafen?

Beitrag von hut »

Hallo Somona
Auch von mir ein herzliches Willkomm im diabetesclub.ch. Ich hoffe, dass du hier ganz viele Antworten auf deine Fragen findest.
Ich kann mich Petra und Herr_Koch nur anschliessen: Si richtig schwierig wirds erst, wenn grössere Mengen Alkohol mit im Spiel sind. Die verantwortung liegt aber ganz eindeutig bei deinem Mann, er muss entsprechend handeln.
Dass Menschen mit einem Hypo teilweise jegliche Hilfe ablehnen, ist nicht ganz unbekannt. Im Interesse des Betroffenen muss dann halt auch mal gegen den geäusserten Willen des Betroffenen gehandelt werden.
Wer einen Tippfehler findet, darf ihn behalten, ich besitze noch einen genügenden Vorrat davon!
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Simona

Re: Bewusstlos während dem Schlafen?

Beitrag von Simona »

Hallo zusammen

Herzlichen Dank für eure Antworten!!!!

@Petra: ja, im "Normalfall" erwacht mein Mann nachts, wenn er Hypo's hat. Von daher war vermutlich der Alkoholkonsum schuld.

Ich finde es auch ok, wenn Mal ein Glas zu viel getrunken wird, aber das Problem liegt dann einfach darin, ob mein Ehemann noch schnallt, dass der Wert vor dem Schlafengehen lieber etwas höher sein soll, als normal.

Mein Mann hat ein grosses Problem damit, wenn er einen hohen Wert hat. Wenn er 2h nach dem Essen z.B. einen Wert von 11 hat, dann schiebt er eine Krise und spritzt null komma nichts runter. Manchmal auch viel zu schnell. Ich verstehe ihn natürlich, aber habe ich ihm auch schon versucht zu erklären, dass auch eine gesunde Person Mal 2h nach dem Essen einen erhöhten Wert haben kann, nur weiss man das nicht, da man ja diesem im gesunden Fall wohl kaum misst. Und das verfrühte Runterspritzen, wenig Schlaf, Kälte und Alkohol, das ist wohl eine ziemlich ungünstige Konstellation.

Wir haben uns auch schon über eine mögliche Pumpentherapie informiert, aber mein Mann meint, die Hypo's werden dadurch nicht weniger, da es grundsätzlich "menschliches Versagen" sei, wenn seine Werte zu tief seien.

Mein Mann neigt bei Hypo's zu Aggressivität, das stimmt. Aber so wie letzte Woche, das hat mich eiskalt erwischt. Der Grat zwischen Hypo und betrunken sein, ist bei ihm sehr schmal und es hat mich komplett überfordert. Und das erste Mal war auch eines unserer Kinder involviert und sichtlich verängstigt. Sie ist 2.5 Jahre jung. Ich habe ihr danach so gut als möglich alles erklärt, in der Hoffnung, dass sie weiss, dass alles wieder in Ordnung ist. Als sie dann wieder ihren Schlaf fand und später erwachte, fragte sie mich als Erstes "Mami, tuet de Papi nömme am Bode legge?"

Ich glaube einfach, ich hätte schneller reagieren müssen, seine letzten Werte frühzeitig checken sollen, ich weiss ja Himmel nochmals genau, wie der Hase läuft. Er ging morgens um 3 mit einem Wert von 4.2 schlafen...

Ich mache mir grosse Vorwürfe, dass ich im ersten Moment so wütend war, weil er über die Strenge geschlagen hat, statt einen kühlen Kopf zu bewahren. Für ihn ist es schlimm, weil er absolut keine Erinnerung mehr hat und er sich einfach auf mein Erzähltes stützen muss.

Ich hoffe und glaube, dass es ihm eine Lehre war, trotz allem frage ich mich natürlich, was der eigentliche Grund ist, weshalb er es so weit hat kommen lassen. Und ich glaube eher, dass mich die Antwort auf diese Frage beschäftigt...

Simona
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hut
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Re: Bewusstlos während dem Schlafen?

Beitrag von hut »

@Simona
Ich mache mir grosse Vorwürfe, dass ich im ersten Moment so wütend war, weil er über die Strenge geschlagen hat, statt einen kühlen Kopf zu bewahren.
Ich denke, dass du dir überhaupt keine Vorwürfe machen musst, die Situation war ja offenbar sehr schwierig. Dioe Tatsache, dass Kinder davon betroffen sind, macht es auch nicht einfacher.
Dein Mann darf problemlos über die Stränge hauen, er muss nur wissen, wie :lol:
Wenn ich deine Postings so lese, denke ich, dass es auch für deinen Mann sinnvoll wäre, im Forum mitzumachen und sich hier das nötige "Rüstzeug" zu holen.
Wer einen Tippfehler findet, darf ihn behalten, ich besitze noch einen genügenden Vorrat davon!
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Simona

Re: Bewusstlos während dem Schlafen?

Beitrag von Simona »

Mein Kopf sagt mir auch klar, dass ich keine Schuld an dieser Sache trage und mein Mann schliesslich alt genug ist, um zu wissen, dass Diabetes zwar eine chronische Krankheit ist, aber man trotzdem sehr gut damit leben kann, man benötigt einfach eine gesunde Portion Disziplin. Natürlich kann man sagen, ja, es war ja nur 1x, aber es hätte 1x zu viel sein können, gerade weil er sich alleine auf den Weg nach Hause gemacht hat und irgendwo im Schnee hätte landen können.

Ihm ist der ernst der Sache bewusst geworden und hat nicht schlecht gestaunt, als er langsam zur Besinnung kam und da 2 Sanitäterinnen neben ihm standen und ihm 1000 Fragen stellten. Er verstand die Welt nicht mehr.

Ich habe ihm gesagt, dass ich schon oft bei euch allen hier mitgelesen habe, und ihr einander eine tolle Stütze seid und wirklich gute Tipps parat habt, das würde ihm vielleicht auch helfen oder auch Spass machen. Das soll ja keine Trauergruppe sein - im Gegenteil! Aber eben, er ist so ein verschlossner Mensch und deswegen hadere ich natürlich auch damit, dass ihn vielleicht viel mehr plagt, als angenommen. Er ist so ein liebenswerter Mensch, Ehemann und wundervoller Partner, er hat noch das ganze Leben vor sich und soll es geniessen, Krankheit hin oder her!

Mir war Mal wichtig zu wissen, ob ich Recht liege mit der Annahme, dass unter Alkoheinfluss Hypo's wirklich ausarten können oder ob ich mir zu viele Sorgen gemacht habe.

Ich danke euch und hoffe, dass mein Mann euch demnächst vielleicht bald persönlich begrüssen wird!

Simona
welles

Re: Bewusstlos während dem Schlafen?

Beitrag von welles »

Hallo Simona

ich glaube, dass die wichtigste Voraussetzung fuer ein gutes Leben mit DM die Akkzeptanz der Krankheit als staendiger Begleiter ist. Daraus entsteht dann normalerweise auch der Wunsch, moeglichst umfassend ueber die Ursachen (bei DM schwierig, zugegeben...*g*) und ueber die Ablaeufe im Koerper sowie die Therapiemoeglichkeiten informiert zu sein. Dazu kommt im Idealfall auch das Wissen ueber "Dos and Don'ts" der Lebensfuehrung mit DM.

Aber grundsaetzlich gilt fuer mich, dass die Akkzeptanz die Basis fuer alle weiteren Schritte im Umgang mit DM ist.

Leider ist das (vor allem bei Maennern!) nicht selbstverstaendlich und das koennte ja auch ein Problem deines Mannes sein. Verzeih, das ist nicht wertend gemeint. Ich kenne das aus eigener Erfahrung in der ersten Zeit nach der Diagnose. Hier habe ich aber schnell gelernt, damit umzugehen. Vielleicht waere das, wie Hut meinte, auvh etwas fuer deinen Mann.

Gruss

welles

PS: Ich vergass, dich hier herzlich zu begruessen. Hiermit nachgeholt...*lach*
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