Gedanken zum Weltgesundheitstag am 7. April 2016

Das ist der Platz für all das was sonst nirgends reinpasst
Antworten
Benutzeravatar
hut
Chief Executive Officer
Beiträge: 6427
Registriert: Fr 28. Mai 2010, 22:46
Diabetiker / Angehörige: Typ Unbekannt / Andere
Diabetes seit: 0- 0-1985
Therapieform: Insulin
Pumpe-/Pen-Typ: Tandem t:slim X2
BZ-Messgerät: Dexcom G6
Insulin: Novorapid
Wohnort: Zürcher Oberland
Kontaktdaten:

Gedanken zum Weltgesundheitstag am 7. April 2016

Beitrag von hut »

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erinnert mit diesem Tag an ihre Gründung im Jahr 1948. Der Weltgesundheitstag 2016 stellt das Thema Diabetes in den Mittelpunkt.

Diabetes steht in den Schlagzeilen:

Diabetes, die neue Volksseuche
Diabetes belastet Sozialkassen massiv
Diabetes als Folge einer ungesunden Lebensweise
Zuckersteuer als Diabetesprophylaxe

Gemäss den Berichterstattungen haben wir Diabetesbetroffenen unsere Krankheit durch unseren Lebenswandel selbst verursacht und produzieren damit Gesundheitskosten, welche unsere ehrenwerten Mitbürger, die sich nicht der Völlerei und dem Bewegungsmangel hingeben, zu tragen haben. Der Begriff „Diabetes-Tsunami“ wurde bereits geprägt.

Die Art und Weise, wie aktuell über Diabetes berichtet wird, ist dazu geeignet, aus Diabetesbetroffenen eine geächtete Gesellschaftsschicht zu produzieren. Es kommen Erinnerungen an das Mittelalter, in welchem psychisch Kranke vom Teufel besessen waren und Epilepsie eine Strafe Gottes darstellte. Im Alten Testament begrub Gott die Städte Sodom und Gomorra unter einem Regen aus Feuer und Schwefel, weil sie der Sünde anheimgefallen waren. Heute schickt er den Diabetes.

Horrorbilder von Amputationen, Erblindung, Herz- Kreislaufschädigungen etc., werden nach wie vor gerne zu Hilfe genommen, obwohl diese möglichen Langzeitfolgen dank dem Bewusstsein und der Diszipliniertheit der Diabetesbetroffenen und natürlich dank den Fortschritten in den Behandlungsmöglichkeiten, stetig zurückgehen.

Auch wenn nicht von der Hand zu weisen ist, dass Ernährung und Bewegung den Stoffwechsel beeinflussen, ist die Diabetesthematik doch etwas differenzierter zu betrachten. Bei Weitem nicht jeder Diabetesbetroffene (und dies trifft auch auf den Typ 2 Diabetes zu) hat sich seinen Diabetes angefressen oder durch bequeme Trägheit angelacht. Es wäre im Sinne der Diabetesbetroffenen, wenn die Berichterstattungen über Diabetes wieder etwas versachlicht würden.
Der Grossteil der erwachsenen Diabetesbetroffenen steht im Erwerbsleben und trägt seinen Teil zum wirtschaftlichen Wohlstand unserer Gesellschaft bei. Faktoren, wie Ernährung und Bewegung werden von sehr vielen Betroffenen ernst genommen. Unseren Kindern und Jugendlichen mit Diabetes steht (hoffentlich) der Weg zu einem Leben als vollwertige Gesellschaftsmitgliedern, welche ganz normal im Leben stehen, ohne ihren Diabetes rechtfertigen zu müssen, offen.

Das unabhängige Schweizer Diabetesforum http://www.diabeteslcub.ch distanziert sich von der erwähnten Art der Berichterstattung zu Diabetes und ruft zu einer Versachlichung der Thematik auf. Nach wie vor stehen wir zu unserem Slogan „Diabetes? … na und“. Wir lassen uns durch den Diabetes nicht unterkriegen!
imagesL5B162SH - Kopie.jpg
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
Wer einen Tippfehler findet, darf ihn behalten, ich besitze noch einen genügenden Vorrat davon!
Spenden an diabetesclub.ch: https://spende.diabetesclub.ch/
diabetesclub.ch ist auch auf Facebook und Instagram
Nike

Re: Gedanken zum Weltgesundheitstag am 7. April 2016

Beitrag von Nike »

Hut, so einen Aufruf müsstest Du in einer Zeitung bringen, nur hier im Forum nützt das wenig.

Des weiteren, Willkommen im Club. Genau so wird seit Jahren über Dicke gedacht. Auch Dicke werden diskriminiert und gelten aus Kostenverursacher. Allgemein hat sich die Solidarität unter Menschen verschlechtert. Das hat mir letzthin ein Versicherungsvertreter erzählt. Die Leute wollen nicht mehr für Dinge aufkommen, für die sie sich nicht verantwortlich fühlen. Egal ob in der Krankenkasse für Krankheiten anderer oder auf anderen Gebieten. Jeder kocht heute sein eigenes Süppchen. Letzthin war in einem lokalen Blättchen eine Umfrage zum Thema Krankheit, da meinte so eine ältere Frau, sie lebe gesund und werde bestimmt nie krank. Wenn in den Medien den Leuten eingeredet wird, dass sie mit viel Gemüse und Sport gesund und jung bleiben, was willst Du denen erzählen, dass Krankheiten z.B. durch Vererbung ausgelöst werden. Die merken das erst, wenn es sie auch trifft.

Schlussendlich bleibt jeder diskriminierten Gruppe nur, Aufklärung zu betreiben und gegen die Vorurteile zu kämpfen. Da wäre Dein Gedanke ein guter Anfang.

Grüessli Nike
Benutzeravatar
hut
Chief Executive Officer
Beiträge: 6427
Registriert: Fr 28. Mai 2010, 22:46
Diabetiker / Angehörige: Typ Unbekannt / Andere
Diabetes seit: 0- 0-1985
Therapieform: Insulin
Pumpe-/Pen-Typ: Tandem t:slim X2
BZ-Messgerät: Dexcom G6
Insulin: Novorapid
Wohnort: Zürcher Oberland
Kontaktdaten:

Re: Gedanken zum Weltgesundheitstag am 7. April 2016

Beitrag von hut »

Nike hat geschrieben:Hut, so einen Aufruf müsstest Du in einer Zeitung bringen, nur hier im Forum nützt das wenig.
Nur interessieren sich Zeitungen eher wenig für eine Berichterstattung in dieser Form, da der Trend zurzeit darin liegt die Ursachen des Diabetes in der Lebensform der Betroffenen anzusiedeln. Ich habe verschiedene Leserbriefe und Kommentare dazu verfasst... sie stiessen nicht auf Interesse, bzw. erschienen nicht.
Der Aufruf erschien nicht nur hier im Forum, sondern auch auf unserer Facebookseite und auf diversen weiteren deutschsprachigen Facebookseiten.
Wer einen Tippfehler findet, darf ihn behalten, ich besitze noch einen genügenden Vorrat davon!
Spenden an diabetesclub.ch: https://spende.diabetesclub.ch/
diabetesclub.ch ist auch auf Facebook und Instagram
Benutzeravatar
hut
Chief Executive Officer
Beiträge: 6427
Registriert: Fr 28. Mai 2010, 22:46
Diabetiker / Angehörige: Typ Unbekannt / Andere
Diabetes seit: 0- 0-1985
Therapieform: Insulin
Pumpe-/Pen-Typ: Tandem t:slim X2
BZ-Messgerät: Dexcom G6
Insulin: Novorapid
Wohnort: Zürcher Oberland
Kontaktdaten:

Re: Gedanken zum Weltgesundheitstag am 7. April 2016

Beitrag von hut »

Passt eigentlich auch noch zum Einführungsthread:

Nach wie vor wird Diabetes als «moderne Volksseuche» bezeichnet. In den Medien wird Diabetes sehr undifferenziert als weitgehend selbstverursachte Geisselung des Gesundheitssystems dargestellt.
Wo steht aber der Diabetes bezüglich den gesamten direkten Gesundheitskosten bei chronischen Erkrankungen in der Schweiz?

Herz-Kreislauf-Krankheiten 10,308 Milliarden SFr. + 6,492 Mia SFr indirekte Kosten*
muskuloskelettale Erkrankungen 8,760 Milliarden SFr. + 12,194 Mia SFr indirekte Kosten*
psychische Erkrankungen 6,350 Milliarden SFr. + 10,638 Mia SFr indirekte Kosten*
Krebs 4,005 Milliarden SFr + 5,848 Mia SFr indirekte Kosten*
Atemwegserkrankungen 1,635 Milliarden SFr. + 1,094 Mia SFr indirekte Kosten*
Demenz 1,019 Milliarden SFr. + 3,168 Mia SFr indirekte Kosten*
Diabetes 0,985 Milliarden SFr. + 1,309 Mia SFr indirekte Kosten*

*Indirekte Gesundheitskosten: Morbidität, Mortalität, informelle Pflege
Bei den direkten Gesundheitskosten betragen die Kosten für Verwaltung 6,78%

Quelle: Schweizerisches Gesundheitsobservatorium, Gesundheitsbericht 2015
http://www.obsan.admin.ch/sites/default ... 2015_d.pdf
Wer einen Tippfehler findet, darf ihn behalten, ich besitze noch einen genügenden Vorrat davon!
Spenden an diabetesclub.ch: https://spende.diabetesclub.ch/
diabetesclub.ch ist auch auf Facebook und Instagram
Benutzeravatar
Oli
Beiträge: 119
Registriert: So 10. Nov 2013, 14:25
Diabetiker / Angehörige: Typ 1
Therapieform: Insulin
Pumpe-/Pen-Typ: Novonordisk Flex Pen
BZ-Messgerät: iBG Star, Dexcom CGM
Insulin: Fiasp, Levemir

Re: Gedanken zum Weltgesundheitstag am 7. April 2016

Beitrag von Oli »

Es muss aber auch beachtet werden, dass die ersten 5 Plätze Krankheitsgruppen sind und teilweise einige verschiedene Krankheiten beinhalten. Beim Diabetes handelt es sich vor allem um Typ1/2. Von dem her gesehen sind die Ausgaben schon nicht unbeachtlich.

Aber ich stimme dir zu, dass in den Medien differenzierter berichtet werden sollte. Auch wenn natürlich der eigene Lebenstil bei vielen Krankheiten ein grosser Einflussfaktor ist, ist eine bezeichnung als Volksseuche überhaupt nicht korrekt und trägt nicht zur informativen Aufklärung über Krankheiten bei.

Gesendet von meinem Nexus 6P mit Tapatalk
Antworten