Wann ist die Remi-Phase vorbei?

Erzähle uns Deine Erlebnisse, Wie gehst Du mit deinem Diabetes um. Mein Kind, Partner, jemand aus meiner Familie, Bekanntenkreis hat Diabetes. Was nun?
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Armanda

Wann ist die Remi-Phase vorbei?

Beitrag von Armanda »

Hallo zusammen,
mein Sohn Malik (7 Jahre) hat vor 10 Monaten die Diagnose erhalten. Wir spritzen immer noch im 2-Spritzen-Schema, insgesamt pro Tag um die 6-8 Einheiten und er hatte bisher immer recht gute und konstante BZ-Werte. Seit etwas mehr als einer Woche sind seine Werte aber recht hoch und ich denke, dass wohl seine Remiphase langsam zu Ende ist, oder? Andere Faktoren wie zB Stress (es sind grad Ferien) oder Krankheit können ausgeschlossen werden.

Wie merke ich denn dass diese Phase vorbei ist? Braucht er dann von einem Tag auf den anderen plötzlich viel mehr Insulin und sind danach auch grössere BZ-Schwankungen an der Tagesordnung? Mir graut irgendwie vor der Zeit nach der Remi-Phase, mehr so vom Emotionalen her, weil wir dann noch einen Schritt weiter weg von der Gesundheit sind und der Diabetes dann so endgültig angekommen ist. Ich weiss, ich weiss, man lernt damit zu leben und für die Kinder wird es irgendwann normal... Aber vielleicht versteht mich hier ja jemand... Im Spital wird man ja auf der emotionalen Ebene überhaupt nicht abgeholt :cry:

Danke fürs Zuhören.
Armanda
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Herr_Koch
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Re: Wann ist die Remi-Phase vorbei?

Beitrag von Herr_Koch »

Ich denke, das Ende der Remission wird sich schleichend zeigen. Bis der Diabetes diagnostiziert wird, verläuft der Verfall der Betazellen ja auch schleichend. Bis dann der Punkt erreicht ist, wo die Insulinproduktion zu gering ist, um die zugeführten Kohlenhydrate verarbeiten zu können. Wenn Insulin künstlich zugeführt wird, können sich die noch vorhandenen Zellen etwas erholen und wieder Insulin beitragen, bis dann damit auch fertig ist. Kann mir kaum vorstellen, dass das schlagartig passiert.

Dein Sohn könnte eventuell einen Wachstumsschub erleben. Denke, bei Kindern sind Achterbahn-Werte nichts Ungewöhnliches. Aber dazu können dir die Eltern hier im Forum sicher mehr sagen.
Oder, was auch völlig normal ist: Der Bedarf ist gestiegen. Das erleben fast alle von uns ab und an. Der Körper ist leider keine Fabrik, die immer gleich funktioniert. Sich verändernde Spritzfaktoren sind völlig normal.

Das Ende der Remission hätte aber einen entscheidenden Vorteil: Der Diabetes wird berechenbarer. Solange der Körper selber noch Insulin beiträgt, kannst du nicht sicher wissen, wie du genau spritzen musst. Es kann in 7 von 10 Fällen passen, aber in 3 dann nicht. Der Diabetes ist schon da, die Remission sind nur noch die letzten Klimmzüge der Bauchspeicheldrüse.

Aber du hast natürlich recht, dass man bei der Betreuung meist nur im physischen Bereich unterstützt wird. Vor allem für Angehörige ist das sicher nicht ganz einfach, wenn man selber als Aussenstehender nur zuschauen kann. Vielleicht hilft dir der Austausch hier drin, mit der Situation besser klar zu kommen.
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hut
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Re: Wann ist die Remi-Phase vorbei?

Beitrag von hut »

Wann genau eine Remiphase vorbei ist, kann eigentlich nicht genau gesagt werden. Auch die Frage, ob damit von einem Tag auf den Anderen ein erhöhter Insulinbedarf entsteht kann nicht mit "ja" oder "nein" beantwortet werden.
Grundsätzlich kann sich der BZ auch nach der Remiphase, unter entsprechender Behandlung, sehr stabil präsentieren. Es muss davon ausgegangen werden, dass euer 7-jähriger Malik noch einige instabile Zeiten bezüglich seines BZ-Verlaufes durchzustehen hat. Dis kann mit dem Wachstum, den körperlichen- und den kommenden hormonellen Veränderungen im Zusammenhang stehen.
Dass dies für Eltern sehr schwierig und belastend ist, kann ich sehr gut nachvollziehen und verstehen, auch wenn ich weiss, dass sich die meisten Kinder sehr gut damit arrangieren können.
Ich denke, der Diabetes ist bei Mailik, auch wenn er sich vielleicht noch in der Remiphase befindet, bereits endgültig angekommen. Es wird kein Weg daran verbeiführen, die verschiedenen Hochs und Tiefs (nicht nur auf den BZ bezogen) mit ihm zusammen durchzustehen.

Ich denke, dass es ganz wichtig ist, dass ihr als Eltern auf der emotionalen Ebene abgeholt werdet, denn nur so wird es euch gelingen, zusammen mit Malik einen guten Weg trotz des Diabetes zu finden. Dazu könnte euch der Austausch mit anderen Eltern diabetesbetroffener Kinder dienen. Platziert doch eure Fragen und Anliegen in unserer Rubrik "Kinder mit Diabetes", dort lesen doch einige betroffene Eltern mit.
Ist euch der Verein "Swiss Diabetes Kids" (http://www.swissdiabeteskids.ch) bekannt? Dort sind sehr viele Familien mit diabetesbetroffenen Kindern jeglichen Alters vertreten.

Ich wünsche eurem Malik einen guten Verlauf mit dem Diabetes und euch als Eltern ganz viel Mut, Kraft, Ausdauer und Unterstützung auf diesem nicht immer einfachen Weg.
Gegebenenfalls könnte es Sinn machen, sich an das PEZZ (pädiatrisch- endokrinologisches Zentrum Zürich)zu wenden (http://www.pezz.ch). Udo Meinhard ist dort Kinderdiabetologe und versteht es sehr gut, Eltern und betroffene Kinder auf der emotionalen Ebene abzuholen und zu begleiten.
Wer einen Tippfehler findet, darf ihn behalten, ich besitze noch einen genügenden Vorrat davon!
Spenden an diabetesclub.ch: https://spende.diabetesclub.ch/
diabetesclub.ch ist auch auf Facebook und Instagram
rahel3670

Re: Wann ist die Remi-Phase vorbei?

Beitrag von rahel3670 »

liebe Armanda
zum Thema Remi kann ich ein Lied singen...:
Diesen Januar hatten wir die erste Jahreskontrolle wegen dem Diabetes.
Der Professor hatte eine neue Assistenzärztin und versuchte mit Fachwissen diese zu beeindrucken.
Er: "Ja, der N. (mein Sohn, fast 5) hat noch 30% Eigenpoduktion, darum die vielen Schwankungen."
3 Monate später sind die Blutresultate vom Januar da, da meint die Oberärztin:
"die Remissionsphase ist vorbei, N. produziert kaum mehr eigenes Insulin."

tja, zu früh gefreut. Schwankungen sind an der Tagesordnung, wegen Infekten, Bienenstichen, Zeckenbissen, Wachstumsschüben etc....
liebe Grüsse

Rahel
ClaudiaM

Re: Wann ist die Remi-Phase vorbei?

Beitrag von ClaudiaM »

Liebe Armanda

Blutzuckerschwankungen sind und bleiben ein Thema - und zwar nicht, weil man was "falsch" macht.
Es gibt so viele Faktoren, die den Blutzucker beeinflussen.

Mir hat es am Anfang mal geholfen als ich Tim bei einem Wert von 17 Mmol (der mir schon fast wieder der ganze Tag vermiest hat) genau angeschaut habe und gesehen habe, dass es ihm gut ging - nur mir nicht...
Die Werte werden wohl noch lange schwanken, manche Tage sind sie gut, andere gar nicht. Man kann sich den Kopf zerbrechen und findet meist doch keinen Grund. Mir hat geholfen, die Ängste etwas los zu lassen. Wichtig ist ja der HBA1c, schlechte Werte schaden ja nicht so schnell ! Sie können das Wohlgefühl beeinflussen (können, aber müssen nicht), aber machen unsere Kinder ja nicht gleich krank.
Nicht zu verzweifeln und sich den Kopf zu zerbrechen ist nicht immer und für alle einfach (ich spreche da aus Erfahrung :oops: ). Für mich selbst ist es eine (ewige ?) Herausforderung, mein eigenes Wohlbefinden nicht von den Blutzuckerwerten meines Sohnes abhängig zu machen. Schlussendlich kann ich sie ja nicht beeinflussen sondern "nur" reagieren.
Manchmal tut es auch einfach gut, gemeinsam etwas schönes zu unternehmen und dem Diabetes etwas weniger Macht zuzusprechen. Den Fokus auf die schönen Momente legen und den Diabetes nach und nach etwas kleiner werden zu lassen... Das funktioniert nicht immer und sofort, aber es geht. Und meiner Meinung nach auch wichtig ist, mal sagen zu dürfen, dass es versch... ist und man einfach mal die Nase voll hat. Es ist sehr anspruchsvoll und das kann das Umfeld meist nicht nachvollziehen.
Diabetes ist so viel anspruchsvoller und beeinflusst so viel mehr, als (verständlicherweise) die meisten Menschen wissen.

Du kannst auch davon ausgehen, dass es für dich als Elternteil meist schwieriger ist als für Malik (nicht immer!). Die Kinder leben sehr lange im Jetzt und nehmen es so, wie es ist. Mein Sohn meinte auch mal, dass er den Diabetes manchmal fast vergesse. Das hat mir gut getan - weil mir das wahrscheinlich seltener passiert ;)

Vielleicht schaust du mal auf unserer Seite vorbei (www.swissdiabeteskids.ch) und findest dort einen Elterntreff in der Nähe. Ein Austausch tut wirklich gut, da man dort auf Verständnis trifft und manchmal auch Tipps mit nach Hause nehmen kann.
Auch haben wir Anlässe für die ganze Familie, so dass Malik mal sieht, dass es vielen anderen auch so geht wie ihm. Und es ist immer wieder schön, so viele fröhliche Gesichter zu sehen - "trotz" Diabetes...

Alles Liebe und viel Kraft
Claudia
Armanda

Re: Wann ist die Remi-Phase vorbei?

Beitrag von Armanda »

Ganz herzlichen Dank für eure hilfreichen, ehrlichen und auch aufbauenden Worte!

Es ist wirklich so, dass es halt bessere Tage gibt und andere... und die sind nicht (nur) vom BZ abhängig... Ich möchte mir vor allem Claudias Worte auch zu Herzen nehmen, dass mein eigenes Wohlbefinden nicht vom BZ meines Sohnes abhängig sein sollte.
Malik fährt im Juli eine Woche ins Diabetes-Lager und er freut sich schon sehr. Ich denke, das wird ihm auch guttun, wenn er andere Kinder bzw. "Gleichgesinnte" kennenlernt und wir ihn dort in guten Händen wissen. So darf das Mami auch einmal ausschlafen ;)

Danke auch für die Tips betr. swissdiabeteskids und Elterntreff. Bin da schon registriert, aber noch nicht so aktiv.
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hut
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Re: Wann ist die Remi-Phase vorbei?

Beitrag von hut »

Malik fährt im Juli eine Woche ins Diabetes-Lager
Das finde ich einen ganz tollen Schritt! Ich durfte vor 3 Jahren als Gast das Aargauer DiaLa besuchen. Die Art und Weise, wie die Kinder dort lernen mit ihrem Diabetes umzugehen empfand ich als beeindruckend. Daneben die einfach ganz tolle Lagerstimmung, welche nicht nur die Kinder, sondern auch Erwachsene begeistert.
Ich wünsche Malik schon jetzt ein ganz tolles DiaLa und euch als Eltern ein gutes Loslassen während dieser Zeit.
Wer einen Tippfehler findet, darf ihn behalten, ich besitze noch einen genügenden Vorrat davon!
Spenden an diabetesclub.ch: https://spende.diabetesclub.ch/
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Armanda

Re: Wann ist die Remi-Phase vorbei?

Beitrag von Armanda »

Danke hut! Ja er freut sich schon sehr und wir Eltern sind auch gespannt, wie es ihm dort ergehen wird. Das Mami wird sicher mehr Heimweh nach ihm haben als umgekehrt :oops: Bin aber sehr optimistisch und habe schon viel Positives darüber gehört. Als er letzten Sommer ins Kispi kam, war grad zwei Wochen später das Lager. Da konnte er aber altersbedingt noch nicht mit und er war so enttäuscht. Darum freut er sich jetzt umso mehr. :thumbup:
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